Barriere­freiheits-Standards im Web verstehen

Umfassendes Update für Websites im Jahr 2025
  • von Markus Milkereit
  • 8 min Lesedauer

Die digitale Barrierefreiheit hat sich von einer "nice-to-have"-Funktion zu einer grundlegenden Anforderung für moderne Websites und Anwendungen entwickelt. Mit der Umsetzung der BFSGV (Verordnung zum Barrierefreiheits-Stärkungs-Gesetz) in Deutschland und der europäischen Norm EN 301 549 ist das Verständnis dieser Anforderungen für Unternehmen und Organisationen wichtiger denn je.

🔍 Was sind Normen für die Barrierefreiheit im Internet?

Barrierefreiheits-Standards für das Internet sind Richtlinien, die sicherstellen, dass digitale Inhalte für alle Nutzer, einschließlich Menschen mit Behinderungen, wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und stabil sind. Diese Standards bieten einen Rahmen für die Schaffung inklusiver digitaler Erlebnisse, die für alle Menschen funktionieren, unabhängig von ihren Fähigkeiten oder den Hilfsmitteln, die sie für die Navigation im Internet verwenden.

BFSGV: Was ihr wissen müsst

Die Verordnung ist die deutsche Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Barrierefreiheit im Internet. Sie tritt am 26. Juni 2025 in Kraft und stellt einen bedeutenden Wandel in der Art und Weise dar, wie Organisationen die digitale Barrierefreiheit angehen müssen. Die Anforderungen basieren auf der europäischen Norm EN 301 549 und erweitern die schon seit Jahren gängigen Goldstandard für Barrierefreiheit, die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) in Version 2.1.

Die wichtigsten Anforderungen umfassen die verpflichtende Barrierefreiheit für Websites nicht nur des öffentlichen Sektors, sondern neu eben auch auch für Websites des privaten Sektors wenn sie Endbenutzer ansprechen (B2C). Besonderes Augenmerk legt die Verordnung dabei auf Digitale Dienste und Services sowie Abschlüsse online auch für nicht-digitale Leistungen - im praktischen Betrieb ist das vor allem für Bestellprozesse und Anmeldungsmöglichkeiten auf der Webseite interessant. Organisationen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, müssen nicht nur mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern auch mit einer Beeinträchtigung ihres Rufs als Anbieter inklusiver Dienstleistungen.

🧩 Haupt­bestand­teile der Barriere­freiheit

  • Informationen für alle Sinne zugänglich zu machen ist die Grundlage der Barrierefreiheit. Die Inhalte müssen so dargestellt werden, dass sie von Nutzern mit unterschiedlichen Fähigkeiten wahrgenommen werden können. Das bedeutet, dass Textalternativen für visuelle Inhalte zur Verfügung gestellt werden müssen und dass die Informationen nicht auf einen einzigen Sinneskanal angewiesen sind.

    Am Beispiel einer Datenvisualisierung auf eurer Website: Während die meisten Nutzer sie visuell interpretieren können, benötigen andere die gleichen Informationen möglicherweise in anderer Form. Eine angemessene Implementierung umfasst einen beschreibenden Alt-Text, eine alternative Datentabelle und möglicherweise eine textliche Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse aus der Visualisierung.

    Für Multimedia-Inhalte gilt dieser Grundsatz auch für die Bereitstellung von:

    • Untertiteln für Videos
    • Audiobeschreibungen für visuelle Elemente
    • Transkripten für Audioinhalte
    • Ausreichendem Farbkontrast (mindestens 4,5:1 für normalen Text)
  • Barrierefreiheit erfordert Schnittstellen, die über mehrere Eingabemethoden navigiert und bedient werden können. Nicht alle Benutzer interagieren mit Webinhalten über eine Maus oder einen Touchscreen. Viele sind auf Tastaturen, Sprachbefehle oder spezielle Eingabegeräte angewiesen.

    • Tastaturzugänglichkeit
      bildet das Rückgrat der Bedienbarkeit. Jedes interaktive Element auf Ihrer Website sollte allein mit der Tastaturnavigation erreichbar und nutzbar sein.
    • Fokusmanagement
      Durch sichtbare Fokusindikatoren sollte der Benutzer immer wissen, wo er sich auf der Seite befindet. Die Navigation sollte einer logischen, vorhersehbaren Reihenfolge durch den Inhalt folgen.
    • Zeitliche Abläufe beachten
      Einige Benutzer brauchen mehr Zeit, um Inhalte zu lesen oder Aktionen auszuführen. Vermeide es, willkürliche Zeitlimits zu setzen, oder biete Optionen an, um sie zu verlängern oder zu deaktivieren.

    Eine gute Bedienbarkeit wirkt sich nicht nur auf Benutzer mit Behinderungen aus, sondern schafft eine robustere Basis für Usability, die geräte- und kontextübergreifend funktioniert und allen Benutzern zugute kommt.

  • Auch wenn Inhalte wahrnehmbar und bedienbar sind, scheitern sie, wenn die Nutzer sie nicht verstehen. Klarheit und Vorhersehbarkeit sind wesentliche Aspekte von barrierefreiem Design.

    Klare Sprache kommt allen zugute. Komplexe Konzepte sollten klar erklärt werden, Fachausdrücke sollten definiert werden und Sätze sollten kurz und prägnant sein. Strebe für allgemeine Inhalte nach Möglichkeit ein mittleres Leseniveau an.

    Benutzeroberflächen sollten sich vorhersehbar verhalten. Die Navigationselemente sollten auf der gesamten Website einheitlich sein. Wenn Benutzer mit Formularen oder Steuerelementen interagieren, sollten die daraus resultierenden Aktionen ihren Erwartungen entsprechen.

    Die Fehlerbehandlung verdient besondere Aufmerksamkeit:

    • Fehler sollten klar identifiziert werden
    • Dazu hift es mit einfachen Worten das Problem zu erklären
    • Korrekturen sollten vorgeschlagen werden, falls hilfreich
    • Dazu nach Möglichkeit mehrere Möglichkeiten anbieten, Hilfe zu bekommen
  • Technische Solidität stellt sicher, dass Inhalte auf allen Plattformen, Browsern und unterstützenden Technologien zuverlässig funktionieren. Robustheit bedeutet, dass Ihre Inhalte zukunftssicher sind und die Kompatibilität erhalten bleibt, wenn sich die Technologien weiterentwickeln. Gut strukturierter, standardkonformer Code bildet die Grundlage für eine robuste Implementierung.

    Einwandfreies semantisches HTML, das die Seitenelemente eindeutig identifiziert - Verwendung von <button> für Schaltflächen anstelle von gestylten <div>-Elementen, Gliederung des Inhalts mit geeigneten Überschriftenebenen und korrekte Kennzeichnung von Tabellen für Datenbeziehungen.

    Überlege auch wie euer Inhalt von unterstützenden Technologien interpretiert werden soll. Bildschirmlesegeräte melden Elemente auf der Grundlage ihrer HTML-Rollen an, nicht ihrer visuellen Erscheinung. Eine visuell gestaltete Schaltfläche, die ein <span> Tag verwendet, mag zwar korrekt aussehen, wird aber für viele Benutzer nicht richtig funktionieren.

⚙️ Erfüllung der Standards: Praktische Schritte

Die Umsetzung der Barrierefreiheit ist ein kontinuierlicher Prozess und kein einmaliges Projekt. So geht ihr dabei systematisch vor:

Beginne mit einem Audit, um den aktuellen Stand der Barrierefreiheit zu ermitteln. Kombiniere automatisierte Testwerkzeuge mit manueller Überprüfung und idealerweise mit echte User-Tests mit Personen, die unterstützende Technologien verwenden. Dieser multimethodische Ansatz liefert das umfassendste Bild der Zugänglichkeit Ihrer Website.

Entwickle auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse einen nach Prioritäten geordneten Sanierungsplan. Konzentriere dich zunächst auf kritische Barrieren, die den Zugang für einige Benutzer vollständig verhindern, und gehe dann weniger schwerwiegende Probleme an. Dokumentiere dein Vorgehen in einer Zugänglichkeitserklärung, die Folgendes enthält:

  • Eure Verpflichtung zur Barrierefreiheit
  • Die Standards, die ihr zu erfüllen versucht
  • Bekannte Einschränkungen und geplante Korrekturen
  • Wie Benutzer Probleme mit der Zugänglichkeit melden können

Bindet die Barrierefreiheit in eure Arbeitsabläufe ein. Die Schulung von Inhaltserstellern, Redakteuren, Designern und Entwicklern in Bezug auf die Grundsätze der Barrierefreiheit trägt dazu bei, die Einführung neuer Probleme zu verhindern. Nimm dafür die Prüfpunkte für die Barrierefreiheit in eure  Qualitätssicherungsprozesse auf.

🔮 Blick nach vorn: Über die Einhaltung der Vorschriften hinaus

Echte Barrierefreiheit geht über die bloße Einhaltung von Normen hinaus. Es geht darum, wirklich integrative Erfahrungen zu schaffen, die alle Nutzer willkommen heißen. Wenn ihr hier vorausschauend agieren wollt, dann bieten sich diese Methoden an um den nächsten Schritt zu gehen:

  • Der ganzheitlichen Ansatz Design für alle ermöglicht es die visuelle und haptische Erfahrung deiner Dienste für alle maximal zugängig anzubieten. Ziel ist es unter anderem durch den gezielten Einsatz von Kontrast, Farbschemata und aussagekräftigen Konturen mehrere visuelle Informationsebenen anzubieten.
  • Nehmt das digitale Selbstbestimmungrecht des Anwenders ernst: in moderenen Browsern werden immer mehr dem User Möglichkeiten gegeben eigene Vorlieben standardisiert an Webseiten zu melden. Der Wunsch nach besonderen Kontrastverhältnissen (erhöht oder reduziert), voreingestellte größere Schriften oder reduzierte Bewegungen und Animationen sind aktuell schon weit verbreitete Möglichkeiten.
  • KI-gestützte Barrierefreiheit entwickelt sich zu einem leistungsstarken Werkzeug. Maschinelles Lernen kann dabei helfen, Alt-Texte für Bilder zu generieren, Untertitel für Videos zu erstellen und potenzielle Probleme bei der Barrierefreiheit während der Entwicklung zu erkennen - auch wenn die menschliche Überwachung für Qualität und Angemessenheit unerlässlich bleibt.

✅ Checkliste zur Einhaltung der BFSGV

Zur Vorbereitung eurer Organisation auf die kommenden Anforderungen helfen euch die folgenden 5 Schritte:

  • ☐ Veröffentlicht eine Zugänglichkeitserklärung auf eurer Website
  • ☐ Implementiert einen barrierefreien Feedback-Mechanismus
  • ☐ Plant regelmäßige Audits der Zugänglichkeit
  • Schult eure Mitarbeiter zu den Anforderungen der Barrierefreiheit
  • Aktualisiert die Beschaffungsprozesse zur Berücksichtigung der Barrierefreiheit

🤝 Seid ihr bereit, eure Website barrierefrei zu gestalten?

Klingt komplex? Keine Angst, ihr müsst da nicht alleine durch. Unser Expertenteam für Barrierefreiheit hilft euch dabei, ein integratives digitales Erlebnis zu schaffen, das alle Anforderungen erfüllt und gleichzeitig die Benutzerfreundlichkeit für alle Besucher verbessert.

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  • 🔍 Kostenlose Erstberatung Erhalte eine erste Einschätzung des Status deiner Website in Bezug auf Barrierefreiheit
  • 📋 Umfassende Prüfung Wir erstellen einen detaillierten Bericht mit nach Prioritäten geordneten Empfehlungen
  • 🧠 Bedarfs- und Potential-Workshop Praktische Ausarbeitung mit eurem Team zur Barrierefreiheit eurer Webseite und Richtlinien für die Zukunft
  • 🛠️ Umsetzungsunterstützung Fachkundige Anleitung für eurer Entwicklungsteam oder praktische Umsetzung durch unsere Experten
  • 📊 Laufende Überwachung der Einhaltung Regelmäßige Kontrollen zur Einhaltung der Zugänglichkeitsstandards

Buche noch heute deine kostenlose Beratung und mach den ersten Schritt zu einer barrierefreien Website, die alle Nutzer willkommen heißt und die Anforderungen des BFSGV noch vor dem Stichtag 26. Juni erfüllt.

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Technical Director

Markus Milkereit
markus.milkereit@vhug.de

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